Patientenberichte

Cathlins Geschichte

Mein Blutdruck ist in Arztpraxis immer zu hoch. Aus diesem Grund überwache ich meinen Blutdruck zu Hause. Mir fiel auf, dass er zu hoch war und zwischen 160/100 und 145/95 schwankte (meine Information war, dass über 140/80 zu hoch sei), also machte ich einen Termin bei meinem Hausarzt. Mein Blutdruck in der Praxis war 190/110. Ich erhielt blutdrucksenkende Medikamente und wurde zum Kardiologen überwiesen. Mein Blutdruck war 185/110 in der Praxis des Kardiologen, die Schwester sagte immer „der ist 185/110!“ und – genau deswegen war ich ja dort! Der Arzt erklärte, dass es an einer ungewöhnlichen, aber möglichen Ursache für Bluthochdruck bei jüngeren Frauen liegen könnte (ich war schon 47 Jahre alt – also gar nicht so jung!). Ich bräuchte einen Nieren-Ultraschall.

Er verordnete zusätzlich zum Antihypertensivum einen Betablocker. Ich googelte Ursachen von Bluthochdruck bei „jüngeren“ Frauen und fand fibromuskuläre Dysplasie. Dank der FMDSA und der INSPRE-Site konnte ich Informationen über die Erkrankung finden. Als erstes wurde mir klar, wie unterschiedlich es für jeden sein kann, je nachdem, welche Arterien betroffen sind. Mir wurde auch schnell klar, dass es wirklich wichtig ist, von einem Arzt mit FMD-Erfahrung behandelt zu werden. Als meine Nierenultraschall-Ergebnisse zurück waren, rief der Kardiologe an und sagte, dass ich tatsächlich eine relevante Stenose in meiner rechten Nierenarterie habe –  was auf eine fibromuskuläre Dysplasie hindeutete. Dass meine Niere aber noch normal groß sei, so dass noch keine langfristige Schädigung aufgetreten war. Er sagte mir, dass ich entweder eine Kombination aus mehreren Blutdrucksenkern einnehmen müsste, oder dass man einen kleinen Eingriff in Betracht ziehen könnte, um zu versuchen, die Gerfäßverengung aufzuweiten. Er überwies mich an einen Nephrologen. 

Der Nephrologe zeigte mir die Bilder: eine Engstelle der rechten Nierenarterie (was auf eine fokale Läsion hinweist); die Niere war trotzdem normal groß. Er hielt es für das Beste, mich an einen FMD-erfahrenen Kollegen in Brüssel zu überweisen. Er erklärte, dass sie normalerweise auch die Halsschlagadern und die Vertebralarterien überprüfen würden – also hatte ich eine Doppleruntersuchung. Ich hatte so viel wie möglich über Nierenarterien-FMD gesucht und gelesen. Nicht medizinisch ausgebildet waren einige der veröffentlichten Artikel schwer zu verstehen! Nach meinem Termin beim Facharzt habe ich eine Untersuchung meiner Halsschlagadern und der Wirbelarterien machen lassen. Das Warten auf die Befunde fühlte sich sehr lang an – jeder Kopfschmerz oder jedes Ziehen in meinem Nacken überzeugte mich, dass ich es in anderen Arterien haben würde. Glücklicherweise wurde jedoch keine weitere FMD festgestellt. Es wurde mir vorgeschlagen, mich einer PTA (Perkutane Transluminale Angioplastie) zu unterziehen, um die Blutversorgung der Niere zu verbessern. Ich hatte bereits gelesen, dass dies in einigen Fällen (und häufiger bei fokaler FMD oder kürzlich aufgetretenem Bluthochdruck) den Blutdruck verbessern kann und für manche einen normalen Blutdruck ohne Medikamente bedeuten kann. Es wäre ein 2-3-tägiger Krankenhausaufenthalt.

Im November 2015 hatte ich die Angioplastie, am nächsten Tag durfte ich nach Hause. Ich hatte jetzt einen Thrombozytenaggregationshemmer und Aspirin neu in meiner Medikation. Es gab ein bisschen Verwirrung auf der Station, ob ich nun einen Stent erhalten hätte oder nicht, weil die meisten Patienten wohl einen bekämen, besonders im Herzkatheter. Ich war mir sicher, dass es ich keinen Stent bekommen habe – während des Eingriffs wurde darüber gesprochen, der Stent am Ende aber nicht benötigt, worüber ich erleichtert war. Ich hatte nämlich gelesen, dass bei FMD der Nierenarterien kein Stent empfohlen wird, es sei denn, es liegt eine Dissektion vor. Es war faszinierend, bei der Angioplastie zuzusehen, aber auch ein bisschen surreal, wenn ich ehrlich bin!

Am nächsten Morgen konnte ich nach Hause gehen – als ich nach den Blutdruck-Medikamenten fragte, wurde mir gesagt, ich solle damit fortfahren und bei Problemen meinen Arzt kontaktieren. Ich hatte ein paar Tage Zeit, die Dinge langsam anzugehen, mein Blutdruck war niedriger, aber nicht drastisch. Aber jedes Mal, wenn ich aufstand oder mich bewegte, wurde mir schwindelig – sehr schwindelig. Wenn ich mich sehr langsam bewegte, war das Aufstehen etwas besser, also musste ich versuchen, mich langsam zu bewegen. Mein Blutdruck sank weiter und ich bekam sehr kalte Finger und Zehen, mit Taubheitsgefühl und Kribbeln. Mein Hausarzt riet uns, den ACE-Hemmer zu halbieren, um zu sehen, ob das hilft. Es half etwas. Die Durchblutung meiner Hände und Füße hat sich etwas verbessert. Sie erklärte, dass es eine Weile dauern kann, bis sich Ihr Körper an einen niedrigeren Blutdruck gewöhnt hat. Daran hatte ich vor dem Eingriff nicht gedacht.

Nach meinem ersten Nachsorgetermin im Krankenhaus konnte ich weitere Medikamente reduzieren, und nach einer 24-Stunden-Blutdruckmessung zu Hause konnte ich die alle verbliebenen Blutdruckmedikamente absetzen. Ich hatte unterschätzt, wie lange es dauern würde, bis sich mein Körper an die Blutdruckänderung und das Absetzen der Medikamente gewöhnt haben würde – ehrlich gesagt hat es fast 6 Monate gedauert, bis ich mich wirklich „wieder normal“ fühlte und wieder regelmäßig Sport treiben konnte! Seit meinem letzten Termin ist mein Blutdruck ohne Medikamente in Ordnung. Die Nachsorgetermine werden wie bei anderen FMD-Patienten jährlich fortgesetzt, und wenn ich Glück habe, wird keine weitere FMD-Episode auftreten. Ich drücke die Daumen, dass meine Nierenarterienstenose wegbleibt, und ich drücke sie sehr fest, wenn ich ehrlich bin, da fokale FMD ein höheres Progressionsrisiko zu haben scheint.

Ich sehe aus den Erfahrungen anderer, dass ich Glück hatte – keine Dissektionen oder Aneurysmen und vorerst keine andere Arterienbeteiligung. Das Schwierigste ist, damit zu leben, dass ich FMD habe und keine Ahnung habe, was das in Zukunft bedeuten könnte. Mit den jährlichen Folgeterminen erkennen wir hoffentlich weitere Veränderungen früh. Mir ist auch klar, dass ich das Glück hatte, gute Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen gemacht zu haben, was nicht immer der Fall ist. Ich habe gesehen und gehört, dass andere Jahre auf eine gesicherte Diagnose warten mussten, und selbst wenn eine gestellt wurde, haben die behandelnden Ärzte möglicherweise keine oder nur geringe Erfahrung mit FMD.

Als ich gebeten wurde,  am europäischen FMD-Register teilzunehmen, war ich sehr froh, meine Daten und meine DNA hinzuzufügen – je mehr ich beitragen kann, dass die Erkrankung besser verstanden wird (und dass eventuell neue Behandlungsmöglichkeiten gefunden werden), desto besser.

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Véroniques Geschichte

Meine Krankengeschichte begann 2007. Ich war 48 Jahre alt, hatte 3 erwachsene Kinder und eine Stelle als Arzt an einer medizinischen Fakultät. Anfang Januar begann ich unter extremen Angstzuständen und Depressionen zu leiden. Ich konnte nicht schlafen, beendete den Tag oft unter Tränen, war erschöpft und gereizt. Eine allgemeine ärztliche Untersuchung ergab keine körperlichen Probleme. Ich ging dann zu einem Psychiater, der aufgrund meines stressigen Berufes Angst und Depression diagnostizierte. Mir wurde eine kurze Ruhephase und einige Sitzungen mit unterstützender Psychotherapie verordnet. Im Jahr 2009 stellte ich fest, dass mein Blutdruck regelmäßig Werte um 200/100 – 210/110 erreichte. Ich stellte mich bei einem Internisten vor, der nach einer vollständigen Untersuchung und einer 24-Stunden-Blutdruckmessung  (24h-RR) zu dem Schluss kam, dass alles normal sei und die Erhöhung des Blutdrucks auf Stress zurückzuführen sein müsste. Zu diesem Zeitpunkt akzeptierte ich dieses Ergebnis und machte  weiter – Arbeit, Familie und Therapie. Mein Blutdruck war weiterhin erhöht und ich war erschöpft. Trotz mehr Arztbesuchen hatten wir – von arbeitsbedingtem Stress abgesehen – keine Antworten gefunden. 2011 war es mir unmöglich, weiterzuarbeiten, ich war körperlich und geistig völlig am Ende. Es störte jeden Aspekt meines Lebens und ich traf die schwierige Entscheidung, meinen Job an der Universität aufzugeben.

2012 hatte ich einen Bluthochdruckspezialisten konsultiert. Er gab mir zwei Diagnosen, die den Anstieg des Blutdrucks erklärten: Fibromuskuläre Dysplasie der Nierenarterien, begleitet von multiplen viszeralen Aneurysmen und chronische Glomerulonephritis (Proteinurie von fast 2g/24h sowie eine mikroskopische Hämaturie mit dysmorphen Erythrozyten).

Wir begannen eine Therapie mit Candesartan und die Dinge verbesserten sich stetig. Die Blutdruckspitzen ließen nach und die Nierenwerte wurden von selbst besser. Die schwere Ermüdung begann sich zu lösen. 2014 fühlte ich mich gut genug, um mich freiwillig in einer humanitären Organisation zu engagieren.

Seit 2014 umfasst meine medizinische Nachsorge:

–        täglich 1 Medikament gegen Bluthochdruck;

–        Jährliches Check-up (1) der Nierenfunktion und (2) der Aneurymen meiner Bauchschlagadern (Angio-CT oder Angio-MRT)

Jetzt läuft es gut ! Das Schwierigste ist, damit zu leben, dass ich FMD habe und keine wirkliche Vorstellung davon habe, was in Zukunft passieren wird… aber es ist das Leben und ich bin optimistisch. Es ist mir sehr wichtig, mit anderen FMD-Patienten zu diskutieren: Ich finde, dass der Erfahrungsaustausch ein wichtiger Weg ist, um die Angst vor einer unbekannten Zukunft zu minimieren. Darüber hinaus hilft mir die Tatsache, dass ich einen Arzt habe, der sich gut mit FMD auskennt, mir zuhört und für meine Fragen offen ist.

Paolas Geschichte

Meine FMD-Geschichte begann in Rom, wo ich im Oktober 2017 meinen Eltern einen Besuch abstattete. Nun, sie hat wahrscheinlich schon lange vorher angefangen, aber ich lebte bis dahin in glückseliger Unwissenheit. Eines Morgens fühlte sich alles irgendwie anders an: Meine Brust, mein Kiefer und meine Oberarme fühlten sich eng an. Aber ich habe es auf den Stress der letzten Zeit und viele Fernreisen zurückgeführt. Und tatsächlich, eine halbe Stunde später war die Enge weg. Ein paar Tage später war ich wieder in Accra, Ghana, wo ich damals lebte. Ich war eines Abends früh ins Bett gegangen, als mich erneut ein mittlerweile fast vertrautes Gefühl überkam: angespannte Brust, angespannter Kiefer, angespannte Oberarme. Und wieder dachte ich, dass es wahrscheinlich an vielen anstrengenden Reisen lag. Diesmal hielt die Enge etwa 45 Minuten an. Ich beschloss, in unsere örtliche Klinik zu gehen und mich am nächsten Morgen untersuchen zu lassen. Es überrascht mich, dass bei mir keine Alarmglocken läuteten: Ich hatte im Laufe der Jahre zwei Erste-Hilfe-Kurse des Roten Kreuzes besucht. Ich glaube, ich bin davon ausgegangen, dass ich immun gegen Herzprobleme bin, weil ich regelmäßig schwimme, viel Yoga mache, mich gesund ernähre und nie geraucht habe. Allerdings nahm ich seit etwa fünfzehn Jahren Medikamente gegen Bluthochdruck ein, und mein Bluthochdruck war in den letzten Jahren nicht wirklich unter Kontrolle. Am nächsten Morgen fühlte ich mich müde und ein wenig mulmig, aber das war nicht besorgniserregend. Ich ging in die Klinik und hatte ein EKG und einen Bluttest. Das EKG zeigte nichts Ungewöhnliches, aber der Bluttest zeigte, dass große Mengen Troponine (Enzyme, von denen ich noch nie gehört hatte) in mein Blut freigesetzt wurden, was auf eine Herzschädigung hindeutet. Der Arzt entschied, dass ich mit dem Krankenwagen ins Korle-Bo-Krankenhaus gebracht werden sollte, um weitere Untersuchungen zu machen. Bei Korle-Bo hatte ich noch ein EKG und einen Bluttest, sowie einen Herzscan. Der Bluttest bestätigte hohe Troponinwerte und ich bekam Blutverdünner, Statine und Antikoagulanzien. Der Kardiologe, den ich sah, sagte, ich brauche eine Koronographie. Es wurde beschlossen, mich nach Brüssel zu verlegen, falls komplizierte Folgemaßnahmen erforderlich werden. Ich verbrachte eine Nacht im Krankenhaus, während meine Reise arrangiert wurde, und in der nächsten Nacht saß ich im Flugzeug nach Brüssel. Während des Fluges bekam ich Nitrolingualspray, da ich Brustschmerzen hatte.

Vom Flughafen Zaventem wurde ich mit einem Krankenwagen in die Notaufnahme des St. Luc Krankenhauses gebracht, wo mein Blutdruck etwa sechs Stunden lang alle 15 Minuten gemessen wurde. Dann wurde ich auf die Intensivstation verlegt, wo stündlich mein Blutdruck gemessen wurde. Alle sechs Stunden wurden Blutproben genommen. Am nächsten Tag hatte ich eine Angiographie, die ergab, dass ich eine fibromuskuläre Dysplasie beider Nierenarterien habe, von der ich noch nie gehört hatte. Mir wurde gesagt, dass die Brustschmerzepisoden spontane Koronararteriendissektionen oder SCADs waren – ein anderer Begriff, der mir neu war. Ich habe erfahren, dass es eine Verbindung zwischen FMD und SCAD gibt. Am nächsten Tag wurde ich entlassen, mit einem Rezept für Statine, Cardioaspirin, Blutdrucktabletten und Betablocker und der Empfehlung, es ruhig angehen zu lassen und regelmäßig meinen Blutdruck zu messen.

Einen Monat später hatte ich meinen Folgebesuch. Mein Blutdruck war immer noch hoch, also änderte der Kardiologe meine Medikamente. Er sagte mir, dass aufgrund meines Alters (ich bin 64) eine Angioplastie wahrscheinlich zu keiner Besserung führen würde. Seitdem habe ich einen weiteren Scan meiner Arterien machen lassen, der zeigte, dass ich ein Aneurysma in der Milz habe, das im Moment nicht allzu besorgniserregend ist, aber überwacht wird. Ich hatte eine 24h-Blutdruckmessung (ich war 24 Stunden lang an ein Blutdruckmessgerät angeschlossen, machte einfach die Dinge, die ich normalerweise tun würde), die zeigte, dass mein Blutdruck immer noch etwas hoch war, sodass meine Medikamente leicht erhöht wurden. Ich werde in ein paar Monaten eine weitere Langzeitblutdruckmessung haben. Sieben Monate nach meinem SCAD habe ich Accra verlassen und lebe in Brüssel.

Wie es mir geht?  Ich bin dankbar für die schnelle und effiziente medizinische Evakuierung und für die Betreuung, die ich sowohl in Accra als auch in Brüssel erhielt. Glücklich und beruhigt, Cathlin und Véronique von der belgischen FMD-Selbsthilfegruppe getroffen zu haben. Erleichtert, gesund und munter zu sein. Emotional viel ausgeglichener. Mit jedem Tag schwindet die Angst vor einem Relaps. Ich bin weniger ängstlich und müde als vor meiner Diagnose. Körperlich geht es mir so gut wie seit Jahren nicht mehr: Ich schlafe gut, praktiziere viel Yoga, gehe regelmäßig spazieren und fahre Rad. Ich merke jetzt, dass ich über die Jahre in einen Zustand von chronischem Stress und Müdigkeit geraten war und sehe jetzt, dass dies absolut nicht nötig ist: Es ist durchaus möglich, einfacher, entspannter zu leben und es macht viel mehr Spaß!